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Yoga ist nichts für mich


Diesen Satz haben die meisten Yogalehrerinnen* wohl schon gehört, nicht nur einmal. Meist sprechen ihn Menschen, die zur Probestunde kommen… und danach leider wegbleiben. Die Erklärungen sind vielfältig: „Yoga ist mir zu ruhig / zu esoterisch / kann ich nichts mit anfangen.“ Oder „Ich bin zu ungelenkig, und eigentlich habe ich sowieso keine Zeit dafür.“ Also Haken dran, check.

 

Ist dies ein Symptom unserer Zeit? Was nicht direkt klappt oder sich nicht sofort erschließt, kommt weg? Das nächste Angebot wartet schon…

 

Damit ist nach einer einzelnen Stunde schon vorbei, was ein Leben lang anhalten könnte. Denn in einmalig 60, 75 oder 90 Minuten kann eine Yogalehrerin bei weitem nicht die vielen Möglichkeiten und Wirkungen des Yoga aufzeigen, die da draußen auf den Neuling warten. Tatsächlich brauchen die meisten Yogaschülerinnen eine Weile, bis sie IHREN Stil, bzw. IHRE Lehrerin gefunden haben. Eben den für sie passenden Yoga. Das war bei mir nicht anders.

 

Deshalb hinterfrage ich auch den Sinn der so beliebten Probestunde, insbesondere für Einsteiger, die NATÜRLICH eine gewisse Zeit brauchen, um in diese andere Welt einzutauchen. Denn das ist Yoga zweifellos - eine andere Welt. Die Lehre stammt aus Indien, kann auf eine Jahrtausende alte Tradition zurückblicken und ist damit ein krasser Gegenentwurf zu unserem modernen, durchgetakteten Alltag in den westlichen Industrieländern.

 

Yoga ist eben kein Entertainment, keine Freizeitbeschäftigung, kein Schaulaufen, kein Wettbewerb.

 

Yoga ist ein Weg, eine individuelle Entwicklung, vielleicht sogar eine Transformation. Diese kann beginnen, wenn der Mensch bereit ist, seine Komfortzone (die körperliche, aber auch die geistige) zu verlassen, und sich auf Neues einzulassen. Mit Komfortzone meine ich unsere Gewohnheiten, von denen wir – manchmal - wissen, dass sie uns nicht hilfreich oder förderlich sind. Ganz im Gegenteil: Sie schaden uns vielleicht sogar und halten uns ab von einer möglichen, positiven Entwicklung - auf ganz verschiedenen Ebenen.

 

Das Aufspüren, Identifizieren und Auflösen dieser Prägungen ist Teil des Yogaweges und KANN nur über einen längeren Zeitraum erfolgen, oft ein Leben lang. Dafür braucht es Hingabe, Beharrlichkeit und – vielleicht gerade für uns im Westen das wichtigste – Gelassenheit, Erwartungslosigkeit. Der Weg ist das Ziel.

 

Gib Dir also etwas Zeit, um Deinen Weg, Deine Lehrerin zu finden und gehe diesen Weg weiter, auch wenn Hindernisse auftauchen. Denn es kann wirklich JEDE Yoga machen, egal welche Voraussetzungen sie mitbringt. Es muss nur der passende Yoga sein.

 

*Die weibliche Form in diesem Text schließt die männlichen Akteure der Yogaszene natürlich mit ein.